Die Atemtherapie gehört zu den ältesten therapeutischen Verfahren, die Wurzeln sind in verschiedenen, vor allem fernöstlichen, Kulturen zu finden. Forschung und Erfahrung zeigen uns heute, welchen Einfluss der Atem auf unser Nervensystem ausübt, welche Signale durch den Atem gesendet werden. Anspannung und Stress haben einen direkten Einfluss auf den Atem, sie beeinflussen unseren ganzen Organismus, es können sich Fehlatmungen und dadurch ein Ungleichgewicht im Nervensystem entwickeln. Dieses Ungleichgewicht kann zu Überforderung oder Überreizung führen, das Zusammenspiel von Anspannung und Entspannung gerät dann aus dem Gleichgewicht. Die Wahrnehmung des Atems, die wir in der Atemtherapie wieder aktiv ins Bewusstsein bringen, trägt zu einem wertvollen selbstregulativen Prozess bei.
Unser Atem ist allgegenwärtig, beeinflusst all unser Wirken und Tun, wenn wir denken und fühlen, all unsere Emotionen, die positiven und die negativen, bei Freude und Trauer, wenn wir uns sportlich betätigen, bei Anstrengung, wenn wir Musik hören, aktivierend, beruhigend oder im Takt. Wir leben in hektischen Zeiten, alles geht immer schneller, die Anforderungen steigen, äussere Einflüsse berieseln uns pausenlos, wir werden mit Veränderungen konfrontiert. Dies kann zu einer Überstimulierung, des Nervensystems führen, es ist in einer permanenten Alarmbereitschaft und findet wenig Ruhe. Ein ausgeglichener Atem reguliert all diese Empfindungen bevor ein Ungleichgewicht entsteht.
Der Atem begleitet uns ein Leben lang, ohne dass wir etwas dazu beitragen. Mit dem ersten Atemzug nehmen wir Kontakt auf mit unserer Umwelt, wir atmen rund 20’000-mal pro Tag, das ist eine ganz beachtliche Leistung.
Die Atmung ist zugleich der einzige autonome Prozess des Körpers, den wir auch willkürlich beeinflussen können. Physiologisch regelt sie den Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid, sie versorgt unser Gehirn und jede einzelne Zelle mit Sauerstoff. Der Atem beeinflusst und unterstützt aber noch soviel mehr, wenn sich unsere psychische Verfassung oder Stimmung verändert, wenn wir gestresst sind oder wenn wir Freude und Glück empfinden. Er beeinflusst unsere Stimme, unsere körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit, den Schlaf, den Umgang mit Stimmungsschwankungen, bei Schmerzen, er unterstützt unsere Konzentration und Vieles mehr. Er hat einen direkten Einfluss auf die Lebensqualität. Alles was wir tun und fühlen hängt immer mit unserem Atem zusammen.
Der Atem ist die Verbindung von unserem Innern nach aussen und umgekehrt – Atem heisst Leben. Darum verdient er auch unsere Aufmerksamkeit, es lohnt sich ihn wahrzunehmen, ihm Beachtung zu schenken, eine gute Beziehung zu ihm aufzubauen. Wie in jeder Beziehung, so braucht auch unsere Atmung den Austausch, die Pflege und Aufmerksamkeit damit sie lebendig und funktionstüchtig bleibt.
In der Atemtherapie lenken wir den Fokus auf die Sensibilisierung, die Balance von Anspannung und Entspannung und den eigenen Rhythmus wiederzufinden, der Atem ist dabei unser Werkzeug.